Zusammenfassung des Urteils VD.2020.255 (AG.2021.456): Appellationsgericht
Die Rekurrentin war Pächterin eines Freizeitgartens in Basel, wurde jedoch aufgrund ausstehender Pachtzahlungen gekündigt. Nachdem ihr Rekurs gegen die Kündigung abgelehnt wurde, richtete sie einen weiteren Rekurs an das Verwaltungsgericht. Dieser wurde ebenfalls abgewiesen, da die Rekurrentin die finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllt hatte. Die Stadtgärtnerei war somit berechtigt, den Pachtvertrag zu kündigen. Die Rekurrentin kritisierte die Kündigung als unverhältnismässig, jedoch wurde festgestellt, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung vertraglicher Pflichten überwog. Der Rekurs wurde abgewiesen, die Rekurrentin muss den Garten bis zum 30. November 2021 verlassen und die Gerichtskosten von CHF 1'000 tragen.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | VD.2020.255 (AG.2021.456) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 24.08.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Rekurs Kündigung / Freizeitgarten im Areal Spalen |
Schlagwörter: | Rekurrentin; Pacht; Kündigung; Freizeitgarten; Rekurs; Mahnung; Stadtgärtnerei; Entscheid; Recht; Pachtzins; Zahlung; Interesse; Freizeitgärten; Pächter; Garten; Frist; Basel; Freizeitgartenkommission; Freizeitgartens; Pachtvertrag; Rekursbegründung; Pächterin; Pachtzinses; Verfahren; Ausführungen; Verpflichtungen; Basel-Stadt; ätte |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ;Art. 282 OR ;Art. 42 BGG ;Art. 5 BV ; |
Referenz BGE: | 133 III 439; 138 III 225; 141 III 28; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Dreiergericht |
VD.2020.255
URTEIL
vom 24. August 2021
Mitwirkende
Dr. Stephan Wullschleger, Dr. Claudius Gelzer,
lic. iur. Barbara Schneider
und Gerichtsschreiberin MLaw Anja Fankhauser
Beteiligte
A____ Rekurrentin
[...]
vertreten durch [...], Advokat,
[...]
gegen
Stadtgärtnerei Basel-Stadt
Münsterplatz 10, 4051 Basel
Gegenstand
Rekurs gegen einen Entscheid der Freizeitgartenkommission
vom 11. Dezember 2020
betreffend Kündigung des Freizeitgartens
Sachverhalt
A____ (Rekurrentin) ist seit dem 1. Juni 2014 Pächterin des Freizeitgartens [...] auf dem Familiengartenareal «[...]» in Basel. Aufgrund Nichtbezahlens des Pachtzinses trotz dreimaliger Mahnung kündigte die Stadtgärtnerei Basel-Stadt, Freizeitgärten und Gartenberatung (nachfolgend Stadtgärtnerei) der Rekurrentin diesen Pachtvertrag schriftlich mit Verfügung vom 12.Oktober 2020 auf den 31.Dezember 2020, dies unter Berufung auf Ziffer 1.5.4 der Familiengartenordnung («Nichteinhalten der finanziellen Verpflichtungen»). Den gegen diese Kündigung am 14. Oktober 2020 erhobenen Rekurs wies die Freizeitgartenkommission Basel-Stadt mit Entscheid vom 11. Dezember 2020 ab und verpflichtete die Rekurrentin, ihren Garten bis zum 28.Februar 2021 zu verlassen.
Gegen diesen Entscheid der Freizeitgartenkommission richtet sich der am 16. Dezember 2020 angemeldete und am 11. Januar 2021 begründete Rekurs an das Verwaltungsgericht. Mit ihrer Rekursbegründung begehrt die Rekurrentin, es sei der Entscheid der Freizeitgartenkommission unter o/e-Kostenfolge aufzuheben. Dementsprechend sei die Kündigung ihres Freizeitgartens für ungültig zu erklären und ebenfalls aufzuheben, eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt sie, es sei dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege mit [...] als unentgeltlichem Rechtsbeistand zu bewilligen. Mit Verfügung vom 3. Februar 2021 erkannte der Verfahrensleiter des Verwaltungsgerichts dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu, bewilligte das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und wies jenes um unentgeltliche Verbeiständung ab. Die Stadtgärtnerei und die Freizeitgartenkommission beantragten mit Vernehmlassungen vom 5.und 8. März 2021 jeweils die kostenfällige Abweisung des Rekurses. Mit Replik vom 26. April 2021 hielt die Rekurrentin an den Anträgen gemäss ihrer Rekursbegründung vom 11. Januar 2021 fest.
Die weiteren Tatsachen und die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für das Urteil von Bedeutung sind, aus den Akten und den nachfolgenden Erwägungen. Das vorliegende Urteil erging auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1.
1.1 Die Freizeitgartenkommission (nachfolgend FGK) ist gemäss § 11 Abs. 1 des Gesetzes über Freizeitgärten (Freizeitgärtengesetz, SG 911.900) eine vom Regierungsrat gewählte Kommission. Sie ist gemäss § 13 Abs. 1 des Freizeitgärtengesetzes zuständig für die Beurteilung von Rekursen gegen Verfügungen der Stadtgärtnerei, des für die Verpachtung zuständigen Amtes (vgl. Ziff. 1.2 der Familiengartenordnung [FGO, abrufbar unter: www.stadtgaertnerei.bs.ch]). Damit sind Kündigungen der Pacht von Freizeitgärten nicht auf dem Weg des zivilrechtlichen Rechtschutzes in Miet- und Pachtsachen, sondern auf dem verwaltungsrechtlichen Rechtsweg zu bestreiten. Folglich kann gegen Entscheide der FGK gemäss § 10 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG, SG 270.100) Rekurs beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Zuständig ist das Dreiergericht (§ 92 Abs. 1 Ziff. 11 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des VRPG.
1.2 Die Rekurrentin ist als Pächterin des streitbezogenen Freizeitgartens Adressatin des angefochtenen Entscheids, von diesem unmittelbar berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung Änderung. Sie ist deshalb gemäss § 13 VRPG zum Rekurs legitimiert. Auf den frist- und formgerechten Rekurs ist somit einzutreten.
1.3 Die Kognition des Verwaltungsgerichts richtet sich nach § 8 VRPG. Demnach hat es zu prüfen, ob die Vorinstanz den Sachverhalt unrichtig festgestellt, wesentliche Form- Verfahrensvorschriften verletzt, öffentliches Recht nicht nicht richtig angewendet von dem ihr zustehenden Ermessen unzulässigen Gebrauch gemacht hat.
1.4 Mit verfahrensleitender Verfügung vom 11. März 2021 wurde der Rekurrentin die Gelegenheit gegeben, die Durchführung einer Verhandlung zu beantragen und wurde ihr in Aussicht gestellt, dass ansonsten darauf verzichtet werde. Die Rekurrentin reagierte innert Frist nicht bzw. replizierte mit Eingabe vom 26.April 2021 schriftlich, weshalb das vorliegende Urteil auf dem Zirkulationsweg erfolgen kann (§ 25 Abs. 2 und 3 VRPG; BGer 8C_112/2013 vom 2. Mai 2013 E. 2.2; VGE VD.2020.83 vom 25. Oktober 2020 E. 1.5).
2.
2.1 Die FGK führte im angefochtenen Entscheid vom 11. Dezember 2020 aus, die Rekurrentin sei vor der Kündigung des 12. Oktober 2020 mehrfach gemahnt und aufgefordert worden, den ausstehenden Pachtzins für ihren Freizeitgarten zu begleichen. Auf diese Schreiben habe die Rekurrentin nicht reagiert und die Zahlung des Pachtzinses sei ausgeblieben. Sie habe sich erst nach der Kündigung mit ihrem Rekurs vom 14. Oktober 2020 gemeldet. Es hätte an der Rekurrentin gelegen, sich um die Bezahlung des Pachtzinses zu kümmern. Der aufgeführte Kündigungsgrund «Nichterfüllen der finanziellen Verpflichtungen» nach Ziff. 1.5.4. der FGO sei somit gegeben. Aufgrund zahlreicher Bitten der Rekurrentin sei seitens der Stadtgärtnerei dennoch ein Gespräch mit dem Präsidenten des Freizeitgartenvereins «[...]» geführt worden. Dieser habe darauf hingewiesen, dass die Rekurrentin fast nie im Garten sei, und dass ihr Vater in der Vergangenheit mehrfach verbotene Herbizide im Garten angewendet habe. Die ausgesprochene Kündigung der Stadtgärtnerei vom 12. Oktober 2020 sei demnach zu bestätigen und die Rekurrentin habe den Garten bis zum 28.Februar 2021 zu räumen.
2.2 Die Rekurrentin macht in ihrer Rekursbegründung vom 11. Januar 2021 (nachfolgend Rekursbegründung) zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Der angefochtene Entscheid sei mit einer knappen halben Seite nur unzureichend begründet, und er setze sich inhaltlich nicht mit den Argumenten auseinander, welche sie bereits im Rekurs vom 14. Oktober 2020 bzw. ihrem Brief an die Stadtgärtnerei dargelegt habe (Rekursbegründung Ziff. 15).
2.3 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV, SR 101) folgt unter anderem die grundsätzliche Pflicht der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; VGE VD.2021.52 vom 26. April 2021 E. 6.2; VD.2019.78 vom 27. Mai 2020 E. 2.1, VD.2018.107 vom 27. März 2019 E.2). Es genügt, wenn ersichtlich ist, von welchen Überlegungen sich die Behörde leiten liess (BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; VGE VD.2016.24 vom 20. Februar 2019 E.2.2). Die FGK hat im angefochtenen Entscheid mit Verweis auf Ziff. 1.5.4 FGO dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht die Voraussetzungen für die Bestätigung der ausgesprochenen Kündigung erfüllt sind. Sie hat die wesentlichen, dem Entscheid zugrundeliegenden Überlegungen genannt und der Rekurrentin damit eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids ermöglicht. Entgegen den Ausführungen der Rekurrentin liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.
3.
3.1 Die Rekurrentin rügt in materieller Hinsicht mit ihrer Rekursbegründung, die Kündigung ihres Freizeitgartens sei unrechtmässig erfolgt. Sie sei nach Erhalt der Rechnung vom Mai 2020 davon ausgegangen, dass der ausstehende Pachtzins von ihrem Exfreund, [...], bezahlt worden sei. Als im Juli 2020 eine Mahnung über den unbezahlten Pachtzins eingegangen sei, habe ihr Exfreund auf ihre Nachfrage bestätigt, die Zahlung der ursprünglichen Rechnung vorgenommen zu haben. Deshalb sei sie davon ausgegangen, dass sich die Zahlung mit der genannten Mahnung vom Juli 2020 gekreuzt habe, und sie habe daher nicht reagiert. Die dritte Mahnung vom 25. August 2020 habe sie nicht zur Kenntnis genommen, und diese Mahnung sei am 3.September 2020 zurück an den Absender gesendet worden. Erst infolge der Kündigung vom 12. Oktober 2020 sei ihr bewusst geworden, dass es zwischen ihr und ihrem Exfreund offenbar ein Missverständnis gegeben und er den Pachtzins bis dahin gar nicht beglichen habe. Daraufhin habe sie gleichentags die Zahlung angewiesen und sich in einem Schreiben an die Stadtgärtnerei schriftlich für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigt (Rekursbegründung Ziff. 5, 6, 7, 8, 17). Sie sei ausserdem langjährige Pächterin und habe zuvor alle finanziellen Verpflichtungen eingehalten. Es werde daher bestritten, dass ihr Verhalten einen wiederholten schwerwiegenden Verstoss gegen die FGO den Pachtvertrag darstelle, welche zu einer ausserordentlichen Kündigung berechtige (Rekursbegründung Ziff. 19).
3.2 Zunächst ist festzustellen, dass die Stadtgärtnerei der Rekurrentin nach der erfolglosen ersten Mahnung vom Juli 2020 unbestrittenermassen mit Einschreiben vom 25. August 2020 mitgeteilt hat, dass sie auf die bisherigen zwei Mahnungen nicht reagiert habe und ihr eine letzte Frist zur Überweisung des Pachtzinses bis zum 4.September 2020 gesetzt werde. Aus der in den Vorakten ersichtlichen Mahnungsliste der Stadtgärtnerei erschliesst sich zudem, dass nach der Rechnungsstellung vom 8. Mai 2020 und der ersten Mahnung vom Juli 2020 noch eine zweite Mahnung erfolgt ist, welche der dritten und letzten Mahnung vom 25. August 2020 vorausging. Diese letztmalige Mahnung wurde der Rekurrentin am 26. August 2020 per Einschreiben zur Abholung gemeldet und am 3. September 2020 nach Ablauf der Abholungsfrist an die Stadtgärtnerei retourniert. Gestützt auf diesen Sachverhalt hätte die Rekurrentin bei der ihr obliegenden Aufmerksamkeit nach Eingang der ersten Mahnung mit weiteren Schreiben seitens der Stadtgärtnerei als Verpächterin ihres Freizeitgartens rechnen müssen, und auf die erwähnte dritte Mahnung kommt die Zustellfiktion zur Anwendung. Denn soweit während eines hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Akts gerechnet werden muss, sind die Parteien aufgrund des Verfahrensverhältnisses nach Treu und Glauben verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihnen das Verfahren betreffende behördliche Akte zugestellt werden können (vgl. BGE 138 III 225 E. 3.1 S. 227; BGer 6B_302/2020 vom 25. Juni 2020 E. 3). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Zustellfiktion bei eingeschriebenen Postsendungen hat eine Verfahrenspartei in dieser Situation dafür zu sorgen, dass ihr behördliche Akte zugestellt werden können, und dass sie ihre Post spätestens jeweils nach sieben Tagen kontrolliert (BGer 2P.120/2005 vom 23. März 2006 E. 4.2). Bei Ortsabwesenheit hat die Partei für die Nachsendung ihrer an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz zu sorgen, einen Stellvertreter zu ernennen ihre Ortsabwesenheit der Behörde mitzuteilen (vgl. BGer 6B_302/2020 vom 25. Juni 2020 E. 3 und 5.2, BGer 6B_110/2016 vom 27. Juli 2016 E. 1.2).
Gemäss den vorstehenden Ausführungen hat die Rekurrentin bei der ihr obliegenden Aufmerksamkeit nach Erhalt der Mahnung und der nicht erfolgten Zahlung mit weiteren Schreiben seitens der Stadtgärtnerei rechnen müssen. Gestützt auf diese Ausführungen gilt das dritte Mahnschreiben vom 25. August 2020 gemäss der Zustellfiktion als zugestellt. Die FGK hat in ihrem angefochtenen Entscheid somit zu Recht festgehalten, dass die Rekurrentin vor der Kündigung vom 12.Oktober 2020 mehrfach gemahnt und aufgefordert wurde, den ausstehenden Pachtzins zu begleichen, und dass dennoch innert der ihr gesetzten Fristen respektive Nachfristen keine Zahlung erfolgte.
3.3 Gemäss § 6 Abs. 1 Freizeitgärtengesetz erfolgt die Abgabe von Freizeitgärten durch die Stadtgärtnerei als zuständiges Amt über langfristige Pachtverträge. Die Pächterinnen und Pächter sind verpflichtet, die von der FGK erlassenen Reglemente einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Freizeitgärtengesetz). Bei groben Verstössen kann den Pächterinnen und Pächtern, welche die Vorschriften nicht einhalten, das gepachtete Land sofort und ohne Entschädigung entzogen werden (§ 9 Abs. 1 Freizeitgärtengesetz). Auf dieser rechtlichen Grundlage beruht der Pachtvertrag der Rekurrentin, mit welchem sie den Freizeitgarten Nr. [...] im Areal «[...]» mit Pachtbeginn per 1.Juni 2014 gepachtet hat. Gemäss Ziff. 6 dieses Pachtvertrags kann die Verpächterin in den Fällen, die in Ziff. 1.5 FGO genannt sind, unter Einhaltung einer sechs-monatigen Kündigungsfrist kündigen. Bei schwerwiegenden Verstössen gegen die FGO kann die Pacht hingegen fristlos gekündigt werden.
Gemäss Ziffer 1.5.2 FGO erfolgt die Kündigung durch die Stadtgärtnerei bei wiederholten schwerwiegenden Verstössen gegen die FGO gegen den Pachtvertrag. Vor einer Kündigung hat eine schriftliche Mahnung zu erfolgen, mit der eine angemessene Frist zur Behebung der Beanstandung angesetzt wird. In der Folge wird eine zweite, kostenpflichtige Mahnung ausgesprochen, in deren Anschluss mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden kann (Ziff. 1.5.2 FGO). Die diesbezüglichen Kündigungsgründe werden in Ziff. 1.5.3 FGO aufgeführt. Eine ausserordentliche, fristlose Kündigung ohne Anspruch auf Entschädigung erfolgt gemäss Ziff. 1.5.4 FGO unter anderem bei der Nichterfüllung von finanziellen Verpflichtungen (Pachtzins, Beiträge an FGV).
3.4 Die Rekurrentin kann mit ihren vorgenannten Argumenten (vgl. oben E. 3.1) nicht aufzeigen, dass die FGK öffentliches Recht nicht nicht richtig angewendet den Tatbestand unrichtig festgestellt haben soll. Vielmehr hat die FGK zu Recht festgehalten, dass die Rekurrentin den Pachtzins für das Jahr 2020 weder nach Erhalt der Rechnung im Mai 2020 noch nach der ersten Mahnung im Juli 2020 bezahlt hat. Ihr behauptetes Verhalten, sie habe ihren Exfreund aufgefordert, den Pachtzins zu bezahlen und habe ihn nach Erhalt der Mahnung vom Juli 2020 gefragt, ob die Zahlung erfolgt sei, kann nicht als genügende Massnahme zur Sicherstellung der Zahlung des fälligen Pachtzinses qualifiziert werden. Das gilt auch für die Nichtabholung und Nichtbeachtung der ihr infolge der ausbleibenden Zahlung zugestellten dritten Mahnung. Die Rekurrentin hat sich damit in ihrer Funktion als Pächterin des Freizeitgartens in ungenügendem Mass um die Zahlung der fälligen und genannten Forderung gekümmert. Mit der Nichtvornahme der Zahlung des Pachtzinses innert der ihr gesetzten Frist respektive Nachfrist trotz entsprechender Rechnungsstellung und mehrfacher Mahnschreiben hat die Rekurrentin den Kündigungsgrund der Nichterfüllung von finanziellen Verpflichtungen gemäss Ziff.1.5.4 FGO erfüllt. Die Freizeitgartenkommission hat somit zu Recht erkannt, dass die Stadtgärtnerei aufgrund der ausgebliebenen Zahlung des Pachtzinses zur Kündigung des Pachtvertrages berechtigt war.
3.5 Schliesslich rügt die Rekurrentin, die Kündigung sei unverhältnismässig. Der Freizeitgarten stelle für sie und ihre Familie einen wichtigen Lebensraum dar, zumal sie in einer Stadtwohnung ohne Balkon leben würden. Ihr 15-jähriger Sohn B____ leide an Autismus, und für ihn sei der Freizeitgarten besonders wichtig. Es sei gerichtsnotorisch, dass Menschen mit dieser Krankheit ein erhöhtes Bedürfnis nach Beständigkeit hätten. Er benötige eine aufwändige Betreuung, und zu Jahresbeginn 2020 hätten Bauarbeiten in der Wohnung zudem für viel Stress gesorgt. Es bestünde daher ein hohes privates Interesse der Rekurrentin am Bestand des langjährigen Pachtvertrags. Diesem stünden keine ersichtlichen öffentlichen Interessen der Stadtgärtnerei an der Kündigung des Pachtvertrages gegenüber, weshalb die Kündigung unverhältnismässig sei. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid nutze auch sie und nicht nur ihr Vater den Garten regelmässig, insbesondere im Sommer. Sie hätten ausserdem weder verbotene Herbizide benutzt noch seien sie deswegen verwarnt worden (Rekursbegründung Ziff. 18, 22, 23).
3.6
3.6.1 Das Verhältnismässigkeitsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 2 BV verlangt, dass Verwaltungsmassnahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind und der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zur damit verbundenen Belastung für die Betroffenen steht (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich 2020, N514, mit Hinweisen). Es besteht zunächst ein grundsätzliches gewichtiges öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und damit auch der finanziellen Verpflichtungen der Pächterinnen und Pächtern von Freizeitgärten. Dies ergibt sich bereits aus der Ausgestaltung der FGO, in welcher in Ziff.1.5.4 FGO die Nichterfüllung von finanziellen Verpflichtungen als ausserordentlicher Kündigungsgrund ausdrücklich aufgeführt wird. Somit hat auch der Kanton Basel-Stadt als Verpächter der Gartenareale ein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung der vertraglichen Pflichten, die sich aus den Pachtverhältnissen ergeben. Das Interesse an der Einhaltung der finanziellen Verpflichtungen wird schliesslich auch durch einen Vergleich mit der Regelung von Miet- und Pachtverträgen im Privatrecht ersichtlich. So kann der Vermieter gemäss Art. 257d des Obligationenrechts (OR, SR 220) der Verpächter gemäss Art. 282 OR nach Ablauf einer entsprechenden Nachfrist zur Zahlung des Miet- Pachtzinses das Miet- Pachtverhältnis ausserordentlich kündigen. Bei Wohn- und Geschäftsräumen ist in diesem Fall eine Kündigung mit einer Frist von 30 Tagen auf Ende eines Monats zulässig. Auch wenn Kündigungen der Pacht von Freizeitgärten gemäss den obenstehenden Ausführungen (vgl. E.1.1) dem öffentlichen Recht unterstehen, ist zu beachten, dass die Grundlage für die Nutzung dieser Freizeitgärten rein vertraglicher Natur ist und die Wahrnehmung der Kündigungsrechte auf dieser vertraglichen Regelung basiert. Es wird bei der Kündigung des Pachtvertrags somit nicht in eine eigentumsrechtlich geschützte Position eingegriffen. Der Kanton darf und muss daher bei der Wahrnehmung seiner Rechte als Verpächter auch seine wirtschaftlichen Interessen wahren (BGer 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012, publiziert mit Anmerkung von Biaggini in: ZBl 113/2012 S. 665 ff., 669).
3.6.2 Dem vorgenannten öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der geltenden Vorschriften und der Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Kantons als Verpächter der Freizeitgärten steht das private Interesse der Rekurrentin an einer Weiterführung des Pachtverhältnisses gegenüber. Auch wenn dieses Interesse durchaus nachvollziehbar ist, vermag es das gegenläufige öffentliche Interesse nicht zu überwiegen. Daran vermögen auch die Ausführungen der Rekurrentin nichts zu ändern, dass das Pachtverhältnis bereits seit 2014 bestehe und ihr Sohn an einer Autismuserkrankung leide. Zwar ist der «ärztlichen Kurzinformation» der universitären psychiatrischen Kliniken vom 13. Januar 2021 (Beilage zur Replik vom 26. April 2021) zu entnehmen, dass der Sohn der Rekurrentin ein Spezialinteresse für Pflanzen zeige. Dass dieses Interesse lediglich in dem hier zur Diskussion stehenden Freizeitgarten Nr. [...] im Areal «[...]» ausgelebt werden kann, wird aber - zu Recht - nicht geltend gemacht. In der genannten Kurzinformation wird zudem lediglich ausgeführt, dass die Familie berichtet habe, dass der Schrebergarten einen wichtigen Rückzugsort für B____ darstelle. Eine Bestätigung dieser Behauptung durch Dritte respektive eine ärztliche Beurteilung liegt somit nicht vor. Gegen die behauptete Bedeutung des Freizeitgartens für die Rekurrentin respektive deren Sohn spricht zudem auch ihr eigenes Verhalten: Wenn dieser Freizeitgarten tatsächlich eine wesentliche Rolle für das Wohlbefinden ihres Sohnes spielen würde, hätte sie nach dem Erhalt der ersten Rechnung im Mai 2020 über den fälligen Pachtzins wohl kaum ihren Exfreund gebeten, diese zu begleichen, sondern sie hätte sich selbst um die fristgerechte Zahlung gekümmert. Zudem wäre von ihr zu erwarten gewesen, dass sie spätestens nach dem Erhalt der Mahnung im Juli 2020 selbst prüft, ob die ausstehende Zahlung tatsächlich erfolgt ist, und dass sie das Einschreiben vom 25. August 2020 der dritten und letzten Mahnung nicht einfach ignoriert. Daran vermag auch der von der Rekurrentin behauptete Stress wegen einer ungewohnten Situation infolge von Bauarbeiten nichts zu ändern, welchen sie zudem nicht näher belegt.
Zusammenfassend ist nicht ersichtlich, dass die Stadtgärtnerei mit der Wahrnehmung des vertraglichen und reglementarischen Kündigungsrechts gegen das Verhältnismässigkeitsgebot verstossen hat. Der angefochtene Entscheid der Freizeitgartenkommission ist somit auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden.
Lediglich ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Rekurrentin entgegen ihrer Behauptung sehr wohl von der Stadtgärtnerei mit Schreiben vom 11.April 2019 wegen des Einsatzes von Unkrautvernichtungsmitteln in ihrer Gartenparzelle ermahnt worden ist. In diesem in den Akten vorhandenen Schreiben wurde ihr aufgezeigt, dass ihr Vater auf der Gartenparzelle Herbizide verwendet habe und dass dies verboten sei. Ein solches Verhalten als Pächterin des Freizeitgartens würde zwar gestützt auf die Ausführungen gemäss Ziff. 1.5 FGO als Kündigungsgrund kaum ausreichen; dies wird aber von der Vorinstanz auch nicht behauptet.
4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Rekurs abzuweisen ist. Mit dem angefochtenen Entscheid der FGK wurde der Rekurrentin eine Frist bis 28. Februar 2021 zum Verlassen des Gartens gewährt. Nachdem diese Frist inzwischen abgelaufen ist, wird ihr eine neue Frist bis zum 30. November 2021 gesetzt, um alle persönlichen Gegenstände zu entfernen und den Freizeitgarten zu verlassen.
5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Rekurrentin die Gerichtskosten mit einer Gebühr von CHF 1000.-, einschliesslich Auslagen (§ 30 Abs. 1 VRPG, §23 Abs. 2 des Reglements über die Gerichtsgebühren [SG 154.810]). Der Rekurrentin wurde mit verfahrensleitender Verfügung vom 3. Februar 2021 die unentgeltliche Prozessführung bewilligt, das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung aber abgewiesen. Zur Begründung kann auf die entsprechenden Ausführungen in dieser Verfügung verwiesen werden. Demensprechend geht die Gerichtsgebühr zu Lasten des Staates.
Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):
://: Der Rekurs wird abgewiesen.
Die Rekurrentin hat den Freizeitgarten [...] des Familiengartenareals «[...]» bis 30. November 2021 zu verlassen und alle persönlichen Gegenstände zu entfernen.
Die Rekurrentin trägt die Gerichtskosten des verwaltungsgerichtlichen Rekursverfahrens mit einer Gebühr von CHF 1'000.-, einschliesslich Auslagen. Diese Kosten gehen zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zu Lasten der Gerichtskasse.
Mitteilung an:
- Rekurrentin
- Stadtgärtnerei Basel-Stadt
- Freizeitgartenkommission Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Gerichtsschreiberin
MLaw Anja Fankhauser
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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